Warum Unternehmen eine Anpassungsstörung haben
Ja, Sie lesen richtig: Eine Anpassungsstörung. Das was Mediziner beschreiben als
[…] eine Reaktion auf ein einmaliges oder ein fortbestehendes belastendes Lebensereignis, die sich in negativen Veränderungen des Gemütszustandes (affektive Symptome) oder auch in Störungen des Sozialverhaltens (zwischenmenschlich) ausdrücken kann. Sie tritt auf, wenn Menschen einen neu eingetretenen schwierigen psychischen oder physischen Zustand über einen längeren Zeitraum hinaus nicht akzeptieren können bzw. sich an die neue Lebenssituation nicht adäquat anpassen können.
Steile These, oder? Ich erkläre Ihnen warum:
In unserer Arbeit als Personalberater erleben wir immer wieder Unternehmen, die scheinbar noch in einer Zeit gefangen scheinen, in der eine einfache Stellenanzeige ausreichte, um offene Positionen in den eigenen Reihen zu füllen. Man glaubt daran, dass „die Personalabteilung“ dafür da ist, offene Positionen zu besetzen.
Uns allen ist doch aber inzwischen klar, welches fortbestehende belastende Lebensereignis zwischenzeitlich passiert ist: Die permanente Kandidatenknappheit.
Wozu dies aber nur sehr schwerfällig führt, ist Veränderung. Aber gerade Veränderung ist notwendig. Und zwar vor allem in der Wahrnehmung, welche Rolle Menschen, die sich bewerben im Unternehmen haben – und welche Rolle ein Unternehmen einnehmen muss, um aus Bewerbern zukünftige Mitarbeiter zu machen.
Die „gute alte Zeit“
Wer erinnert sich nicht daran: Die Zeit, in der in der lokalen Tageszeitung eine Annonce gebucht wurde – evtl. konnte auch der lokale Radiosender für eine Kooperation gewonnen werden. Dann warten und siehe da: Einige gute, lokale Bewerber übersenden demütigst ihre Unterlagen und bitten darum die eigene Bewerbung bei Gefallen für den weiteren Auswahlprozess zu berücksichtigen. Herrlich!
Als Personaler durfte man nun herrschaftlich gerierend über Einstellung oder Ablehnung entscheiden – Bewerber mussten sich damit zufriedenstellen, dass sie ihre Papierdokumente unversehrt zurückerhielten, wenn sie nicht vergessen hatten einen bereits vorfrankierten Rücksendeumschlag beizulegen.
Gefühlte Jahrhunderte später
Doch diese Zeiten sind nun vorbei. Inzwischen herrscht in fast allen Berufsgruppen Personalknappheit und der Kandidat wird zum knappen Gut, um das sich bemüht werden muss.
Es sitzen leider aber noch vielerorts dieselben Personen mit denselben Werkzeugen in den Personalbüros derselben Traditionsunternehmen.
Doch muss mit einer Geisteshaltung dieser Generation an Personalentscheidungsträgern aufgeräumt werden.
Die Machtdynamik hat sich gedreht. Heute bewerben sich vielerorts nicht mehr Menschen bei Unternehmen um einen Arbeitsplatz, sondern andersherum: Ein Unternehmen muss auf einem übersättigten Kandidatenmarkt um die besten Leistungsträger buhlen, um eigene Vakanzen planbar füllen zu können.
Der Unterschied – Bewerber vs. Kandidaten
Bewerber sind aktiv suchende Personen, die durch ihre Bewerbung bei ihrem Unternehmen preisgeben: „Ich würde bei euch anfangen wollen, wenn ihr auch wollt.“
Das bringt das Unternehmen in eine vorteilhafte Verhandlungsposition – die andere Partei hat „das erste Angebot gemacht“. Entsprechend kann agiert werden. Wenn nun Prozesse länger dauern, oder Aussagen unverbindlicher ausfallen sollten – ein Bewerber nimmt das eher selten übel, schließlich will er „seine Chance nicht vermasseln“.
Anders der (maximal latent suchende) Kandidat: Diese werden für eine offene Position vom Unternehmen selbst, mittels der internen HR oder externer Personalberatungen angesprochen und umworben – nur selten übernimmt das direkt der Fachbereich, dazu aber in einem anderen Beitrag mehr. Hier steht das Unternehmen in der Rolle, sich beim Kandidaten zu bewerben und der Kandidat ist in der Position „die wollen mich“.
Einfache Dinge, an denen sich die Umsetzung dieser Gastgebermentalität ablesen lässt, sind die folgenden Dinge:
- Prozessgeschwindigkeit im Zu- und Absagemanagement
- Prozessgeschwindigkeit in der Angebotserstellung
- Persönliche Erreichbarkeit der Ansprechpartner (karriere@musterfirma.com is dead)
- Persönliche Entgegennahme von Bewerbungsunterlagen – oder laden Sie persönlich gerne Ihre Unterlagen ins Nirwana eines Bewerber-Management-Systems?
Diese Kenntnis hilft im modernen Akquirierungsprozess nicht zu vergessen, dass auch heute häufig der Fall im Markt auftreten kann, dass es zu einer Koexistenz zwischen Bewerbern und Kandidaten kommen kann und dies auch teilweise sogar für ein und dieselbe offene Position. Bspw. können sich solche Situationen bei internen Bewerbungen, Anzeigen-rückläufern oder „Push-Profilen“ von diversen Personaldienstleistern ergeben. Wie man bemerkt, macht dieser Umstand, wie bereits am Anfang erwähnt, den Besetzungsprozess im Umgang umso komplexer.
Welche Tipps haben wir?
Erstens, sollte der Angebotsprozess transparent und verständlich gestaltet werden. So sollte dem Kandidaten ein sogenannter „One Pager“ mit den wichtigsten Fakten des Angebots zugeschickt werden. Dieser „One Pager“, oder fachspezifisch auch „Letter of Intent“ (LoI) genannt, soll beim Kandidaten Vertrauen schaffen. Da der finale Arbeitsvertrag ggf. „seine Zeit“ brauchen kann – durch Unterschriftenlauf, Betriebsrat oder die übliche Dauer administrativer Prozesse. Dank des LoI hat der Kandidat schon etwas in der Hand und toleriert so diese Wartezeit und verliert nicht sein Vertrauen in das unternehmerische Interesse an seiner Person.
Zweitens, die proaktive Kommunikation ist der Schlüssel zur guten Talentakquise. Nachrichten à la „Wir brauchen noch ein paar Tage Bedenkzeit, sorry!“ sind wertvoll und schaffen direkt ein besseres Verhältnis als tagelange Funkstille. Auch so eine direkte Kommunikation kann verhindern, dass sich potenzielle Talente nach anderen Möglichkeiten umschauen. Was wieder auf den transparenten und vertrauenswürdigen Kontakt zurückzuführen ist, der nicht nur Vertrauen geschaffen hat, sondern auch den Kandidaten wertschätzt.
Als Dritter und letzter Tipp sollte das Unternehmen die gesamte Prozesskette mit allen Beteiligten im Auge behalten, um die Dauer des „Hirings“ einschätzen zu können. Die Einschätzung sollte auch bewusst und transparent an den Kandidaten weitergeben werden, um somit auf den Kandidaten direkt einzugehen. Das kann mit einem kommunizierten Satz, wie „Sie sind Person X von Y, die erste Runde schließen wir in Z Tagen“ erreicht werden.
Und wenn wir schreiben „alle Beteiligten“, dann ist das auch so gemeint. Denn das Thema Talent Acquisition ist nicht nur Aufgabe und Problem der HR-Funktion, sondern muss auch im CFO- und CEO-Desk die entsprechende Relevanz und „Rückendeckung“ erhalten.
Was macht maxmatch hier richtig?
maxmatch hilft Ihnen dabei, Prozessthemen im Vorfeld zu klären und schafft dabei für alle Beteiligten Transparenz und hilft, die Eindrücke einzuordnen. Dabei helfen wir, dass unsere Mandanten so ehrlich wie möglich im Kandidatenmarkt auftreten, um damit den bestmöglichen Eindruck zu hinterlassen. Wir helfen auch dabei, die richtigen Gäste für Ihre Selektion zu finden, wodurch Sie Ihren Kandidaten vorbereitet begegnen. So hilft maxmatch Ihnen, sich an den neuen Arbeitsmarkt anzupassen und immer die besten Talente zu akquirieren.
Gleichzeitig platzieren wir das Thema Talent Acquisition mit all seinen Tücken gleichermaßen bei HR-Partner, wie auch bei Entscheidern in Fachbereichen und den Führungsgremien. Nur wenn alle am selben Strang ziehen, ist ein belastbares Talentmanagement langfristig und planbar möglich.