Honorarmodelle in der Personalberatung: Teil 2

Retainer vs. Erfolgsbasiert

Wie bereits ausgeführt, haben beide Honorarmodelle ihre Daseinsberechtigung und je nach Situation und Rahmenbedingungen eignet sich das eine oder andere sogar besser bzw. ergibt das Aufwand-Er­tragsverhältnis betreffend mehr Sinn. Im Folgenden gehen wir auf die jeweiligen Vor- und Nachteile der beiden Modelle ein.

Warum/wann Sie sich für „erfolgsbasiert“ entscheiden sollten:

Der Vorteil des erfolgsbasierten Honorarmodells für die Mandanten liegt darin, dass sie einerseits die volle Kostenkontrolle haben und nur im Erfolgsfall zahlungspflichtig werden. Andererseits ist die Zeit, die bei dieser Variante aufgewendet werden muss, relativ gering und auch der Dienstleister konzentriert sich dabei auf Effizienz bzw. Schnelligkeit. Dadurch, dass zumeist mehrere Personalberatungen angefragt werden, kann zudem mit wenig Aufwand eine breite Auswahl (üblicherweise aber mit Überlappungen, da Kandidaten durchaus bei mehreren Agenturen gelistet sein können) erzielt werden, was besonders wenn keine Exklusivität erwünscht wird, ideal ist.

Auf der anderen Seite führt die Effizienzorientierung dieses Ansatzes auch dazu, dass auf Seiten der Personalberatung ebenfalls kein allzu großer Aufwand betrieben wird, um den passenden Kandidaten zu finden – häufig wird lediglich die eigene Datenbank bemüht und/oder eine anonymisierte Stellenanzeige geschaltet. Das heißt, dass dem Unternehmen diejenigen Profile zugestellt werden, die gerade vorhanden sind bzw. die sich ohnehin aktiv bewerben. Davon unberührt bleibt meist der Markt passiv suchender Kandidaten. Unternehmen erhalten so zwar selten einen exklu­siven Zugang zu Kandidaten und bezahlen in ihrer Wahrnehmung u.U. für ein eher geringeres Service-Level einen hohen Preis, aber erhalten manchmal schon am selben Tag der Anfrage bereits ein oder mehrere passende Profile.

„Das ist ein ‚Lucky Punch‘. Wenn‘s passt, passt es. Ist nur (leider) nicht planbar.“

Dieses Modell birgt auch für Personaldienstleister einige Vorteile: Erstens muss dieser kein hohes Maß an Verbindlichkeit / Commitment eingehen, sondern kann sich nach einem schnellen Blick in die Datenbank häufig am gleichen Tag noch mit Profilen zurückmelden. Wenn diese nicht eingeladen werden, muss er nicht um sein „2. Honorar-Drittel“ bangen, weil ohne entsprechende Anzahlung auch kein Erfolgsverspre­chen und somit weniger Erfolgsdruck besteht. Wenn eins der Profile passt und die Person nach 1-2 Interviews eingestellt wird, kann eine Rechnung gestellt werden. Wenn nicht, werden die (guten) Profile eben auch gerne zeitgleich woanders platziert, um das persönliche Ausfallrisiko zu minimieren, denn gute Kandidaten sind bekanntlich rar und häufig auch in anderen Bewerbungsprozessen. Gleichzeitig ist für einen schnellen Erfolg keine tiefe Auseinandersetzung mit der Vakanz notwendig, um dennoch ein hohes Honorar­potential zu haben. Dadurch kann jemand mit hoher „Matching-Kompetenz“ mit wenigen guten Profilen häufig mehrere Positionen gleichzeitig bespielen und damit ein wesentlich größeres Gesamt-Honorar erzielen, während die Retained-Personalberater häufig in mehreren Runden auf nur einem oder maximal zwei bis drei Suchen gleichzeitig arbeiten. Doch birgt das erfolgsbasierte Modell nicht nur Vorteile für beide Seiten. Es bestehen auch Risiken.

Wie eine rein erfolgsbasierte Zusammenarbeit die Besetzung Ihrer Vakanz gefährden kann:

Da häufig mehrere Dienstleister gleichzeitig angefragt werden (oder diese von selbst auf Unternehmen zugehen), müssen zahlreiche (auch häufig wechselnde) Ansprechpartner auf Seiten der Dienstleister koordiniert werden. Ebenso können die im Hintergrund stattfindenden Prozesse häufig mangels Zeit und Exklusivität nicht ausreichend kontrolliert und ggf. nachgesteuert werden. Da beide Seiten nur wenig verbindlich miteinander arbeiten (können), besteht das Risiko einer Oberflächlichkeit in der Zusammenarbeit. Die Folgen daraus sind: Anforderungen an potenzielle Kandidaten werden nicht en detail besprochen, was zu weniger Passgenauigkeit führen kann. Das fehlende „Versprechen“ auf ein Honorar für die geleistete Arbeit führt dazu, dass viele Personaldienstleister eine sehr große Projekt-Pipeline gleichzeitig vorhalten müssen, um ihre Umsatzziele zu erreichen. So werden die einzelnen Vakanzen „schnell abgehandelt“ und wenig intensiv bearbeitet, da jede größere Zeit-Investition in ein „nicht (so) sicheres Geschäft“ ein hohes Verlustrisiko birgt.

„Ich kann leider nicht viel Zeit darauf investieren. Ich weiß ja (noch) nicht, ob sich das für uns lohnt.“
ODER
„Ein anderes passendes Profil haben wir gerade nicht.“

Häufig werden erfolgsbasierte Aufträge nicht exklusiv an einen Partner erteilt, sondern stehen dem Markt offen. So sichert man sich als Kunde einen möglichst breiten Ausschnitt aus den unterschiedlichen Datenbanken der Anbieter. Gleichzeitig muss aber auch eine Vielzahl an (angefragten und ungefragten) Dienstleistern koordiniert und gemanagt werden. Dieser Zeit-Invest potenziert sich im schlimmsten Fall, wenn wider Erwarten 3-5 Dienstleister 5 Profile pro Position liefern und der zuständige HR- oder Fachbereich Faktor 3-5x so viel Koordinations- und Steuerungsaufwand hat für einen Prozess, den er/sie mit 1 Agentur wesentliche effizienter gestalten hätte können.

Als Mandant wünscht man sich, dass vorgestellte Kandidaten auch dann noch verfügbar sind, wenn die eigene Entscheidung ein paar Tage dauert. Ärgerlich ist es dann, wenn diese aber vom Personaldienstleister bereits „anderweitig“ vermittelt, weil gleichzeitig auch Konkurrenz-Unternehmen vorgelegt, worden sind. Dieses Verhalten ist allerdings nachvollziehbar. Aus der Unsicherheit, ob der eine Kunde wirklich diesen Kandidaten nimmt (oder nicht), wird ein Kandidat häufig „breit gestreut“ um die Vermittlungswahrscheinlichkeit für den Personalberater zu erhöhen.

Sollte der passende Kandidat nicht in der eigenen Datenbank vorhanden sein, wird dieser häufig in den gängigen Business Social Media gesucht. Aufgrund der geringen Auseinandersetzung mit der Vakanz beim Kunden, kann und wird ein Anschreiben möglicher Kandidaten nur oberflächlich erfolgen. Viele Kandidaten sind von derartigen Nachrichten – die manchmal weder relevant noch kreativ sind – inzwischen so genervt, dass sie ihre Nachrichten ignorieren und auf Karriereangebote (egal ob von Personalberatern oder Unternehmen direkt) gar nicht mehr reagieren. Der enge Kandidatenmarkt wird damit zusätzlich (künstlich) verknappt.

„Wenn ich schon wieder so eine flache Nachricht lesen muss,
hab‘ ich schon gar keine Lust mehr mit einem Headhunter zu sprechen.“

Belastbare, planbare und nachhaltige Arbeit im Aufbau eines Talentpools sieht anders aus.

Warum Sie „mehr Zugriff“ auf Ihren Personalberater verlangen sollten – und wie das gelingt:

Für viele Ansprechpartner aus den HR- und den Fachbereichen fühlt sich Personalberatung an wie eine „Black box“: Anforderungen und Rahmenbedingungen rein, Kandidatenprofile raus. Was dazwischen passiert und vor allem das Wie, bleibt häufig ein „Mysterium“. Ist hier mehr Einblick gewünscht und mehr Kontrolle notwendig, sollte eine verbindliche(re) Art der Zusammenarbeit gewählt werden: Das Retainer Modell.

„Arbeiten Sie retained mit einem Partner, dem Sie vertrauen,
wenn Ihnen Einblick und Prozesskontrolle im Suchmandat wichtig sind“.

Um diese Art der Zusammenarbeit möglich zu machen, ist allerdings eine fundiertere Auswahl des externen Partners notwendig. Gleichzeitig wird dieser dann im Rahmen der Vorbesprechung eines gemeinsamen Prozesses eine tiefere Auseinandersetzung mit dem Mandanten und dessen Vakanz fordern. Hier müssen also beide Seiten (mehr) Zeit investieren. Dafür darf nun auch ein hohes Maß an Verbindlichkeit und Auseinandersetzungsbereitschaft mit dem Kandidatenmarkt verlangt werden. So stellen Mandanten sicher, dass „ihre“ Vakanz die notwendige Zuwendung erhält und die Besetzung nicht zum Glücksspiel verkommt, sondern entsprechend planbar bleibt.

Wann es keinen Sinn macht eine Anzahlung zu leisten:

Grundsätzlich kostet ein Suchmandat im Retained-Modell nicht automatisch mehr als eines, das an erfolgsbasiert arbeitende Anbieter vergeben wird; häufig verändert sich lediglich der Modus der Bezahlung: Weg von „Zum Schluss alles“ hin zu „Teilzahlungen entlang der Wertschöpfung“ wie bei einem Bauprojekt etwa.

Die Finger lassen von der Vergabe eines Retainer-Mandates sollte ein Mandant dann, wenn Unklarheit darüber herrscht, wie der jeweilige Personalberater arbeitet. Erst wenn hier Vertrauen aufgebaut ist, sollte ein entsprechendes Commitment gegeben werden. Weiterhin eignet sich eine Vakanz häufig nur dann, wenn bereits in großem Umfang klar ist, „was gesucht“ wird oder wo zumindest die Bereitschaft gegeben ist, dies in einem gemeinsamen Prozess herauszufinden.

Außerdem sollte eine gewisse „Risikobereitschaft“ auf Seiten des Mandanten gegeben sein, da man sich das „Risiko des Suchmandats“ entsprechend teilt. Ändern sich im Laufe des Prozesses beispielsweise bedeutende Dinge (z.B. die Position darf/kann nun doch nicht besetzt werden, Gehaltsbänder ändern sich in großem Maße etc.), können bereits geleistete Zahlungen in der Regel nicht zurückverlangt werden.

„Man sollte bereit sein, sich das Risiko eines Suchmandats zu teilen
– alle Unklarheiten kommen im gemeinsamen Projekt zu Tage.“

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Bereitschaft „mit nur einem Partner“ über einen gewissen Zeitraum (z.B. 3-6 Monate) zusammenzuarbeiten. Für einige Mandanten kann sich diese „Einschränkung“ ungut anfühlen, da eine Beratung vermutlich nicht den ganzen Markt abbilden kann.

Auch für den Personalberater ist die Zusammenarbeit im Retainer-Modell mit Risiken besetzt: Durch das gegenseitige Commitment ist ein Abbruch des Suchprojektes (fast) ausgeschlossen. Aufgeben ist keine Option.

Um derart für einen Mandanten tätig sein zu können, ist eine tiefgehende Marktkenntnis und ein hohes Maß an Verständnis für die (Un-) Tiefen der zu besetzenden Vakanz – und natürlich die Bereitschaft alles zu geben, um die eingesetzten Erwartungen zu erfüllen. Häufig erfolgt also vor der Annahme eines derartigen Mandats eine erste Machbarkeits- und Marktanalyse.

Zwei Wege zum Ziel – erfolgsbasiert oder retained?

Abschließend lässt sich sagen, dass sowohl das erfolgsbasierte als auch das retained Modell Vorteile für die Beteiligten bergen. Bei der Entscheidung für eines der beiden Modelle gilt es vor allem die Rahmenbedingungen zu betrachten. Fragen nach der zur Verfügung stehenden Zeit bzw. der Dringlichkeit des Projektes sowie nach der Wichtigkeit der zu besetzenden Stelle sind für die richtige Auswahl ausschlaggebend. Gleichzeitig sollte abgewogen werden, was im Rahmen einer Zusammenarbeit erwartet wird.

Unsere Empfehlung ist immer, sich möglichst im Vorfeld schon im Klaren zu sein, wie Risiken und Chancen in der Beauftragung eines externen Experten gelagert sind. Eine gelungene Personalberatung ist bereits nach wenigen Jahren „kostenneutral“ – der gute Personalberater sichert durch einen smarten, marktorientierten „Kandidaten-Ankauf“ ab, dass nur notwendige Kosten entstehen und sich eine entsprechende Investition in einen Potenzialkandidaten für einen längeren Zeitraum lohnt. Auch hier gilt: Wer falsch „einkauft“, kauft häufig zweifach.